Obdachlosigkeit: Wir fordern ein schlüssiges Konzept zur Versorgung und Unterbringung

Wir  haben in den letzten Jahren immer wieder auf das Thema Obdachlosigkeit und wohnungslose Frauen hingewiesen und auf die grundsätzliche Aufgabe der Kommune, wohnungslose Menschen zu versorgen und unterzubringen. Dass jetzt der Bürgermeister Christoph Tesche das Thema zur Chefsache macht, wird von uns begrüßt. „Das angedachte Treffen, nächsten Mittwoch mit der Diakonie, Pfarrer Ernsting und dem Sozialdezernenten Herrn Dr. Sanders, darf aber nicht wie schon so oft bei einem formellen Austausch und schönen Worten bleiben“, so Christel Dymke.

Wir fordern als Ergebnis des Gesprächs, ein schlüssiges Konzept, dass sich nach den Vorgaben der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. und dem Verein für Sozialplanung ev. orientiert. „Darüber hinaus fordern wir eine echte Wohnungsnotfallhilfeplanung, sowie die Einrichtung einer Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit“, mahnt Holger Freitag. In dieser Fachstelle sollten sich nach unseren Vorstellungen mindesten zwei Sozialpädagog*innen um Menschen kümmern, die entweder bereits wohnungslos geworden sind oder deren Verlust ihrer Wohnung durch Kündigung oder Räumung droht.

Zugleich erinnern wir daran, dass Sozialminister Karl-Josef Laumann angesichts der Corona-Krise ein Notfallpaket für die Akutversorgung von obdachlosen Menschen bereit stellt. Dafür stehen 500.000 Euro aus der Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich ein ZUHAUSE!“ zur Verfügung. „Damit können die Einrichtungen vor Ort auf die Bedürfnisse und Bedarfe ihrer Klientel reagieren“, verweist Christel Dymke.

Ein großes Defizit sehen wir nach wie vor in Recklinghausen in der Schaffung von frauengerechten Hilfeangeboten. Hier fordern wir eine frauengerechte Wohnungslosenhilfe. Christel Dymke verweist darauf, „dass Frauen in einer Wohnungsnotfallsituation tendenziell über andere Bewältigungsstrategien als Männer verfügen.“ Ein Teil der Frauen nehmen zu einem frühen Zeitpunkt institutionelle Unterstützungsleistungen an. Ein anderer Teil versucht ihr Wohnproblem u.a. durch das Eingehen von Zweckpartnerschaften unsichtbar zu machen bzw. selbst zu lösen. „Diese Beziehungen stehen oft mit sexualisierter Gewalt in Verbindung“, so Christel Dymke. Dabei handelt sich um „verdeckte“ bzw. „unsichtbare“ Wohnungslosigkeit von Frauen.

Wir hoffen, dass die Initiative des Bürgermeisters dafür sorgt, dass obdachlose Menschen in Recklinghausen demnächst einen Ort haben, an den sie sich zurückziehen können, der mehr Privatsphäre garantiert als Notschlafstellen. Einen Ort, an dem sie nicht von Ordnungspersonal, Kälte, unsäglichen Schlafplätzen oder anderen Wohnungslosen gestört werden. Denn nicht nur in der aktuellen Krisensituation sondern zu jeder Zeit ist es nach unserer Ansicht wichtig, dass wir die Menschen auf der Straße nicht aus dem Blick verlieren.