Als Deutsche*r gegen Rassismus anzuschreiben, ist so eine Sache. Ich selbst, mit deutsch klingenden Namen und einem unauffälligen Aussehen, kann mich zwar empören, jedoch – mal ehrlich – können wir uns in Mitbürger hineinversetzen, die offensichtlich „irgendwie“ anders aussehen oder/und nicht deutsch klingende Namen haben? Auch wenn ich mich schriftlich und mündlich zu jeder Gelegenheit gegen Anfeindungen richte: Sei es ein unreflektiertes Nachsagen eines aus fremdenfeindlichen Kreisen lancierten Spruchs oder eine offene Aggression gegen „die da, die unser Steuergeld ausnutzen“. Trotzdem wissen wir nicht, wie sich verdeckte oder offene Anfeindungen anfühlen. Für mich ist das ein guter Anlass, um mal den Betroffenen das Wort zu überlassen: Daher möchte ich zu diesem heutigen Anlass folgende beide Bücher vorstellen:
DEUTSCHLAND SCHAFFT MICH von Michel Abdollahi, Verlag Hoffmann und Campe, ISBN 978-3-455-00893-7
Michel Abdollahi wurde 1981 in Teheran geboren und kam als Kind mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Islamwissenschaft und Jura und arbeitet als Reporter und Journalist. Er ist u.a. bekannt für die Dokumentation Im Nazidorf und erhielt dafür 2016 den Deutschen Fernsehpreis.
Der Titel seines Buchs ist eine Anlehnung an „Deutschland schafft sich ab“ von Sarrazin. Deutschland hat sich aber nicht abgeschafft. Michel Abdollahi schildert in seinem Buch, wie er sich seit seiner Ankunft in Deutschland bemühte, zu werden wie die Deutschen, nach all den Jahren jedoch feststellen musste, dass ein Migrant wohl für immer ein Migrant bleibt. Das ist traurig genug, die nie aufhörenden Beleidigungen jedoch, die er immer wieder wegstecken musste, haben mich entsetzt und wütend gemacht. Diese Realität macht er im Untertitel seines Buchs deutlich: „Als ich erfuhr, dass ich doch kein Deutscher bin“. Eine an seinen Vater gerichtete \“Verwarnung\“ krönt auf die allerhässlichste Weise diese Geschichte. Doch viel mehr möchte ich hier nicht verraten!
POST VON KARLHEINZ, Wütende Mails von richtigen Deutschen – und was ich ihnen antworte, von Hasnain Kazim, Penguin Verlag – ISBN 978-3-328-10272-4
Hasnain Kazim wurde 1974 als Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer in Oldenburg geboren.
Die ersten Hassbotschaften erreichten ihn in den Neunzigerjahren als Briefe. Er war damals Schüler und hatte einen Bundestagsabgeordneten in einer Tageszeitung kritisiert, der vor Überfremdung durch Migranten gewarnt hatte. Hasnain Kazim wurde Journalist, die Hassbotschaften kommen längst per E-Mail. In schlechtem Deutsch, voller Fehler, fehlenden Argumentationen und dem Tenor: „Du hast hier nichts zu sagen!“ Ich finde es mehr als mutig, dass Hasnain Kazim sich eines Tages entschloss, alle Hassmails zu beantworten. Mit Schlagfertigkeit, Witz und oft so, dass der biedere deutsche Gartenzwerg nicht merkt, wie er vorgeführt wird. Manchmal kommt er sogar zur Einsicht und entschuldigt sich. Ich finde dieses Buch so lesenswert, weil hier mit Humor Hass uberwunden wird.
(Artikel von Christa Schenk, grünes Ratsmitglied)
Der Beitrag verfällt am 21.03.2024 um 15:25 Uhr.